
Was genau ein Produkt-CO2-Fußabdruck (englisch Product Carbon Footprint, PCF) ist, haben wir in diesem Artikel bereits am Beispiel von einer Tasse schwarzem Kaffee erklärt. In diesem Artikel geht es darum, wie wir den PCF berechnen. Wie kommen wir darauf, dass eine Packung Goldeimer Klopapier einen CO2-Fußabdruck von 2,7 kg CO2e hat und der Fußabdruck einer Sport-Leggins aus recyceltem Polyamid 1,7 kg CO2e beträgt?
CO2-Emissionen als Einheit sind schon schwierig genug zu greifen, umso wichtiger ist es uns, Transparenz zu schaffen, sodass jede:r nachvollziehen kann, wie wir auf unsere Ergebnisse kommen. Dabei ist vor allem wichtig, dass es sich um work in progress handelt: Wir entwickeln uns ständig weiter, lernen dazu und verbessern unsere Methodik, auch anhand der wissenschaftlichen und regulatorischen Entwicklungen, die sich laufend verändern.
Folgendes erfährst du in diesem Artikel:
Welche 4 Hauptkomponenten den PCF ausmachen
Welche Daten wir nutzen und wie wir mit Datenlücken umgehen
Wie wir für Transparenz sorgen und was unser Accuracy Score ist
Methode
Wir berechnen CO2-Fußabdrücke auf der cradle-to-gate Basis, das heißt die Nutzungs- und Entsorgungsphase eines Produkts werden von uns nicht mit einbezogen. Dies liegt vor allem daran, dass das Ausmaß dieser Phasen stark variiert, je nachdem ob zum Beispiel ein Laptop mit Ökostrom geladen wird, oder wie oft ein T-Shirt getragen und gewaschen wird. Wir arbeiten allerdings an einer Lösung, um langfristig auch die Nutzungs- und Entsorgungsphase in unsere Berechnungen mit einzubeziehen. Außerdem konzentrieren wir uns auf die Berechnung von CO2e-Emissionen, wir berechnen also das globale Erwärmungspotential über 100 Jahre (GWP 100) und beziehen neben CO2 auch andere Treibhausgase mit ein. Andere umweltrelevante Faktoren, wie Wasser, Plastik oder Biodiversität, werden von unserem Algorithmus (noch) nicht abgedeckt.
Die 4 Komponenten des PCFs
1. Material-CO2-Fußabdruck
Die durch das Material verursachten CO2e-Emissionen werden in der ersten PCF-Komponente erfasst. Unser Algorithmus extrahiert die Hauptmaterialien aus den Produktdaten und kombiniert sie mit den jeweiligen Emissionsfaktoren aus unserer Datenbank.
Unsere Datenbank ist aus verschiedenen Quellen zusammengesetzt: öffentliche, lizenzierte und private Datenbanken sowie laufend aktualisierte Daten basierend auf LCAs (Life Cycle Assessments), EPDs (Environmental Product Declarations) und in der wissenschaftlichen Literatur veröffentlichte Daten werden gesammelt und harmonisiert. Wir bemühen uns eine Vergleichbarkeit der Daten zu schaffen, denn nicht alle Daten wurden auf Basis der gleichen Rahmenbedingungen erhoben. Unsere Emissionsfaktoren-Datenbank wird laufend erweitert und aktualisiert.
2. Produktions-CO2-Fußabdruck
Den zweiten Teil des gesamten Produkt-CO2-Fußabdrucks stellen diejenigen Emissionen dar, die während der Produktion entstehen. Hierbei beziehen wir industrielle Standards von Produktionsprozessen basierend auf Produktkategorien mit ein. Ein wichtiger Faktor ist hier beispielsweise der Energiemix des Produktionslandes.
3. Transport-CO2-Fußabdruck
Im dritten Teil werden die Emissionen durch Transport und die Produktverpackung zusammengerechnet. Hierbei gehen wir in zwei Schritten vor: Zunächst wird der Transport von der Produktionsstätte nach Deutschland betrachtet, anschließend der Transport vom (Flug)Hafen ins Warenhaus. Je nach Datenverfügbarkeit rechnen wir mit Durchschnittswerten oder genauen Werten für Distanzen und Transportmittel. Die Emissionsfaktoren für die verschiedenen Transportmittel, zum Beispiel Schiff, Flugzeug und LKW werden anhand von Durchschnittswerten berechnet und in kg CO2 pro kg Produkt angegeben. Die Transporte während der vorgelagerten Schritte (Materialgewinnung und Produktion) werden in den jeweiligen Bereichen bereits berücksichtigt.
4. Versand-CO2-Fußabdruck
In der vierten Komponente werden die Emissionen durch den Produktversand abgebildet. Häufig wird dies auch als “Last Mile Delivery” bezeichnet. Wir schließen außerdem die Transportverpackung und die Retourenquote in dieser Komponente mit ein.
Auch hier gilt: je mehr Daten desto besser. Wenn diese aber nicht verfügbar sind, rechnen wir mit Standardwerten. Zum Beispiel nehmen wir einen Durchschnittswert von 400 km Distanz vom Warenhaus bis zum Lieferziel an, die mit einem Lieferfahrzeug zurückgelegt wird. Auch bei der Verpackung rechnen wir mit Durchschnittswerten über den Material-Mix je Produktkategorie, wenn die genauen Daten nicht verfügbar sind. Spannend ist auch die Retourenquote: Gerade in der Fashion Branche werden viele bestellte Produkte retourniert, daher rechnen wir auch hier mit einem Multiplikator basierend auf der Produktkategorie und Shopwerten.
Insgesamt funktioniert unser Algorithmus also in den folgenden 5 Schritten:
Wir erhalten die zur Verfügung stehenden Produktdaten vom Unternehmen über digitale Schnittstellen
Unser Algorithmus extrahiert und sortiert diese und füllt Datenlücken mithilfe von intelligenten, laufend aktualisierten Industrieinformationen und Annahmen
Anschließend werden diese mit unseren Datenbanken verknüpft und mit Emissionsfaktoren kombiniert
So wird automatisch der cradle-to-gate CO2-Fußabdruck verschiedenster Produkte berechnet
Mithilfe unseres Accuracy Scores werden Ergebnisse mit Korrekturfaktoren versehen, sodass Unsicherheiten kontrolliert und eine Unterschätzung ausgeschlossen wird

Alle Schritte werden laufend verbessert und aktualisiert. Generell gilt: je mehr Daten wir haben, desto weniger Annahmen müssen getroffen werden und desto höher ist die Genauigkeit des PCFs.
Natürlich wissen wir, dass nicht immer alle Daten direkt bereitgestellt werden können. Daher arbeiten wir mit Annahmen und Durchschnittswerten, die unser intelligenter Algorithmus berechnet. Tatsächlich wird eine Kombination aus Primärdaten und Industriedurchschnitten sogar als am akkuratesten gesehen, da auch Primärdaten Unsicherheiten unterliegen. Um immer auf der sicheren Seite zu sein und im Zweifel den PCF nicht zu unterschätzen, haben wir den Accuracy Score und Korrekturfaktoren implementiert.
Accuracy Score by Yook
Transparenz steht für uns an oberster Stelle. Daher geben wir zusätzlich zu jeder PCF Berechnung den Accuracy Score mit an, der die Datenqualität und -verfügbarkeit auf einer Punkteskala von 0 bis 100 widerspiegelt. Basierend auf einer gewichteten Bewertung der Verfügbarkeit und Güte von Daten und Emissionsfaktoren, wie zum Beispiel das Produktgewicht, die Hauptmaterialien, die Herkunft der Materialien und der Produktionsstandort werden die PCF Komponenten angepasst. Je nach Szenario korrigieren wir die PCFs dann um bis zu 50% nach oben. Somit stellen wir sicher, dass der Fußabdruck mit einer besseren Datenverfügbarkeit genauer wird, sinkt und wir keine zu niedrigen Fußabdrücke abbilden.
Viele Brands zeigen außerdem eigenes Nachhaltigkeitsengagement und veröffentlichen selbst die PCFs ihrer Produkte oder gleichen die Emissionen aus. Natürlich beziehen wir auch dies in unsere Berechnungen mit ein und korrigieren den PCF von nachhaltigeren Produkten.
Challenges
Unsere PCF-Methode hat zwei Ziele: Transparenz schaffen und das möglichst einfach. Da sich auch die wissenschaftliche und legislative Diskussion ständig weiterentwickelt, entwickeln wir auch unsere Algorithmen kontinuierlich weiter. Zu unserer Mission von maximaler Transparenz gehört daher auch, nicht nur unsere Methodik offenzulegen, sondern auch in Bezug auf die Challenges, vor denen wir stehen, transparent zu sein. Here you go:
Wie gehen wir mit fehlenden Daten um?
Im Best Case erhalten wir alle nötigen Daten, zum Beispiel über Produktgewicht, Herkünfte der Materialien, Produktionsstandort und Transportmittel direkt von unseren Kund:innen. Da diese Daten allerdings häufig nicht vorliegen und wir es so einfach wie möglich machen wollen, findet unser Algorithmus bei Datenlücken gute Alternativdaten. Zum Beispiel mittels Data Scraping und anderen intelligenten Methoden werden die vorhandenen Daten ergänzt. Wenn keine guten Alternativdaten gefunden werden können, berechnet der Algorithmus einen Platzhalter, zum Beispiel basierend auf Durchschnittswerten ähnlicher Artikel. Wenn beispielsweise das Gewicht eines T-Shirts einer bestimmten Marke fehlt, wird das Durchschnittsgewicht eines ähnlichen T-Shirts verwendet.
Welche Standards erfüllt unsere Methodik?
Unsere Berechnung der Produkt-CO2-Fußabdrücke ist so genau wie nötig, um Hotspots zu identifizieren, Reduktionspotentiale zu erkennen und eine spezifische CO2-Kompensation vornehmen zu können. Gleichzeitig legen wir Wert darauf, schnell und wirksam zu sein - schließlich gilt es beim Klimaschutz keine Zeit mehr zu verlieren! Wir richten uns nach den Vorgaben des GHG Protocol, ISO 14067 sowie den PEF Guidelines der EU, da diese aber häufig viel Spielraum lassen, legen wir unsere Methodik offen und schaffen Transparenz. Und der von uns entwickelte Accuracy Score wird immer mit dem PCF abgebildet und zeigt die Genauigkeit der Berechnung an.
Bereit loszulegen?
Du siehst - auch mit wenigen Daten können wir schon loslegen und CO2-Transparenz schaffen, das ist ein wichtiger Anfang, der mehr als dringend nötig ist, denn die Klima-Uhr tickt. Wir wollen es Brands und E-Commerce Shops ermöglichen, ihre Produkt-Emissionen zu berechnen und datenbasierte Nachhaltigkeitversprechen tätigen zu können. Und das ohne teure und aufwändige LCAs, die sich nur die wenigsten leisten können.
Du hast Fragen, Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge? Wir freuen wir uns immer über Feedback!